Leitantrag zum Bundestag der Gewerkschaft der Berufsschule (Bundesleitung 12)

am 20. Mai 2021 in Wien

Die Krisen der letzten Jahre haben die Entwicklung der Gesellschaft in Österreich und Europa stark beeinflusst. Ganz besonders hat die Corona-Pandemie eine enorme Belastung für die Menschen dargestellt und forderte in der Berufs- und Arbeitswelt eine immer höhere Flexibilität und Anpassung.

Wir Berufsschullehrerinnen/-lehrer sehen uns als engagierte Teile der Gesellschaft, die bereit sind die Entwicklungen in wirtschaftlichen und pädagogischen Bereichen auch unter schwierigsten Bedingungen mitzutragen und mitzugestalten. Dies haben wir nicht nur in Zeiten der Pandemie hinreichend bewiesen! Das duale Ausbildungssystem soll unter Berücksichtigung der personellen Ressourcen und Beibehaltung der Berufsschulstandorte aufrechterhalten bleiben und entsprechend weiterentwickelt werden.

Um die Lebensqualität im Berufs- und Privatleben zu sichern, erwarten wir von den politischen Verantwortungsträgern sozialpartnerschaftliches Zusammenwirken mit der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst und der Gewerkschaft Berufsschullehrer/-innen. Wir erwarten gelebte Sozialpartnerschaft und sind auch bereit unseren Beitrag zu leisten!

Arbeitsbedingungen und Arbeitsplatz

Arbeitszeit ist Lebenszeit. Lehrerinnen/-lehrer wollen sich auf ihren Arbeitsplätzen wohl fühlen. Eine moderne Ausstattung der Klassen- und Funktionsräume, wie es die neuen kompetenzorientierten Lehrpläne erfordern, sehen wir als selbstverständlich.

Die Forderung nach einer Ausstattung der Schulen am Stand der Technik, sowie die Schulung der Kolleginnen und Kollegen sind ein unverzichtbarer und wichtiger Beitrag für den Bildungs- und Wirtschaftsstandort. Der technische Fortschritt und die Situation des Distance Learning verlangen eine adäquate digitale Ausstattung des Lehrpersonals.

Die Unterrichtstätigkeit verändert sich durch die Digitalisierungsoffensive ständig. Die Schülerinnen/Schüler werden durch das Bundesministerium mit digitalen Endgeräten ausgestattet. Von der Kollegenschaft wird der Einsatz der privaten Mittel erwartet und deshalb fordern wir eine großzügige finanzielle Aufwandsentschädigung in Form einer „Digitalisierungszulage“.

Gleichzeitig erfordert die stetig steigende Anzahl an IT-Arbeitsplätzen in den Schulen eine adäquate Anhebung der Abgeltung im Bereich des EDV-Kustodiates.

Weiters fordern wir die 100%ige Absetzbarkeit der notwendigen und zeitgemäßen Infrastruktur außerhalb der Schule für Büroräume, Büroausstattung, ...

Die Arbeit mit Jugendlichen ist psychisch und physisch sehr fordernd. Deshalb fordern wir Unterstützungspersonal aus den Bereichen der Medizin, der Psychologie, der Sozial- und Sonderpädagogik.

Für uns Berufsschullehrerinnen/-lehrer steht die pädagogische Arbeit mit unseren Schülerinnen/Schülern im Mittelpunkt unseres Wirkens. Die stetig steigenden „organisatorisch-administrativen“ Aufgaben und die zusätzlichen Aufgaben aus QS, Lehrplantätigkeit, Außenauftritte der Schule, Kontakt mit Lehrbetrieben, Eltern und Jugendbetreuungseinrichtungen, Abbildung der Klassenstrukturen in elektronischer Form usw. beanspruchen wertvolle Zeit unserer Pädagoginnen/Pädagogen und hemmen uns in der Erfüllung unserer Kernaufgaben.

Zusätzliche Aufgabenbereiche wie Tätigkeiten im Rahmen von Projekten zur Qualitätssicherung, Schulzeiterweiterung in einzelnen Berufsgruppen und zusätzliche Stunden im neuen Dienstrecht wurden ohne Anpassung der Stellenplanrichtlinien in die duale Ausbildung integriert. Eine Erhöhung des Stundenkontingentes zum Wohle der Schülerinnen/Schüler ist dringend erforderlich. Maßnahmen der integrativen Berufsausbildung und Qualitätssicherung (LDG § 52, Abs. 3) müssen ins Dauerrecht übernommen werden.

Die unterschiedlichen Dienstrechte führen zur Ungleichbehandlung in der Bezahlung und einer Benachteiligung von Kolleginnen und Kollegen. Gleichwertige Bezahlung für gleiche Leistung erachten wir als selbstverständlich. Deshalb fordern wir die Optionsmöglichkeit in das PD-Schema beziehungsweise eine zeitgemäße Anpassung der Entlohnung bestehender Vertragsverhältnisse.

Die Bundesleitung der Berufsschule fordert:

  • zeitgemäße Ausstattung der Lehrerinnen/Lehrer-Arbeitsplätze

  • Schulausstattung am Stand der Technik

  • Aufwandsentschädigung – „Digitalisierungszulage“

  • Neuorganisation des EDV-Kustodiates

  • 100 % Absetzbarkeit von Büroräumen, Büroausstattung, EDV-Geräten, ...

  • Schulärztin/Ärzte und Unterstützungspersonal aus Psychologie, Sozial- und Sonderpädagogik

  • Entlastung von administrativen Tätigkeiten von Lehrinnen/Lehrer

  • Anhebung der Maßzahlen für den Stellenplan

  • Befristung des § 52 Abs. 3 LDG aufheben

  • Optionsrecht aller Berufsschullehrerinnen/-lehrer in das neue Pädagoginnen/Pädagogen-Dienstrecht beziehungsweise zeitgemäße Anpassung der Entlohnung

Arbeitszeit

Die Berufsschulzeit ist für Lehrlinge eine bezahlte Arbeitszeit. Eine bloße Beaufsichtigung ist daher nicht möglich. Die Schülerinnen/Schüler haben daher Anspruch, jede Stunde berufsspezifisch fachlich ausgebildet zu werden. Um diesem Umstand gerecht zu werden, haben sich die Lehrerinnen/Lehrer auch für jede Supplierstunde vorzubereiten. Deshalb ist eine einheitliche Vergütung jeder Supplierstunde auf Basis des Gehaltsgesetzes § 61 (Bezahlung als MDL) gerechtfertigt.

Viele Kolleginnen/Kollegen sparen ihre MDL auf einem Zeitkonto an. Ein Krankenstand unterbricht den Verbrauch des Zeitkontos nicht. Der Dienstgeber kommt dadurch seiner Pflicht der Entgeltfortzahlung während eines Krankenstandes nicht nach. Eine Abänderung dieser gesetzlichen Grundlage ist dringend notwendig, um diese Benachteiligung zu beenden.

In Zukunft werden Lehrerinnen/Lehrer aufgrund geänderter Pensionsantrittsmöglichkeit länger im Arbeitsprozess verweilen, daher sollen ihnen verschiedene Arbeitszeitmodelle angeboten werden. Um qualitativ hochwertige Arbeitsleistungen für die gesamte Dienstzeit sicherzustellen, müssen individuelle, flexible Modelle der Lebensarbeitszeit gefördert werden. Die Anhebung des Regelpensionsalters und die verschärften Bedingungen für den Antritt der Pension mit langer Versicherungsdauer („Hacklerregelung“) sind durch einen gesetzlichen Anspruch auf Altersteilzeit - speziell für Lehrerinnen/Lehrer, die nicht mehr in der Lage sind im vollen Umfang der Lehrverpflichtung zu arbeiten - abzufedern.

Die Bundesleitung der Berufsschule fordert:

  • einheitliche Vergütung der Supplierstunden in Form von MDL

  • Unterbrechung des Verbrauchs des Zeitkontos bei Krankenstand

  • Altersteilzeit wie in der Privatwirtschaft auch für Berufsschullehrerinnen/-lehrer

Aus-, Fort- und Weiterbildung der Berufsschullehrerinnen/-lehrer

Um einen guten Einstieg in die Berufsschule zu gewährleisten benötigen neue Kolleginnen/Kollegen Unterstützung. Der Mehraufwand für diese Betreuungstätigkeit ist abzugelten.

Es muss sichergestellt sein, dass die Ausbildung berufsbegleitend - ohne zu überfordern - absolviert werden kann. Auf die individuelle Belastbarkeit der Pädagoginnen/Pädagogen und die Schulorganisation ist weiter Rücksicht zu nehmen.

Derzeit endet die Berufsschullehrerausbildung mit einem Bachelor. Alle Berufs-schullehrerinnen/-lehrer können einen Masterabschluss absolvieren.

Berufsschullehrerinnen/-lehrer werden laufend mit Veränderungen in der Berufs- und Arbeitswelt (z. B. neue Technologien), sowie der Gesellschaft (z. B. IBA) konfrontiert. Sie stellen sich gerne den neuen Herausforderungen. Es ist notwendig, dass auch im Rahmen der Pädagogischen Hochschulen die erforderlichen Fort- und Weiterbildungsangebote für Berufsschullehrerinnen/-lehrer gewährleistet sind.

Die Bundesleitung der Berufsschule fordert:

  • Abgeltung für Betreuungstätigkeit im Rahmen des Berufseinstieges

  • weiterhin berufsbegleitende Pädagoginnen/Pädagogen-Ausbildung

  • Zugang zum MEd für alle

  • ausreichende Weiterbildungsangebote

Gesundheit

Lehrerinnen/Lehrer sind im Berufsleben einer permanenten Belastungssituation ausgesetzt, was nach vielen Berufsjahren gesundheitliche Beeinträchtigungen und somit häufigere und längere Krankenstände (z. B. Burn out, ...) mit sich bringt. Bei Vertragslehrerinnen/-lehrer erzeugt die arbeitsrechtliche Situation im Krankenstand (Kürzung des Gehaltes, Kündigung nach einem Jahr) unnötigen Stress und hemmt die Genesung. Wir fordern den Wegfall der Kündigungsautomatik nach einem Jahr Krankenstand.

Auf Grund der immer häufiger auftretenden Situation, dass für nahe Angehörige die nicht im gleichen Haushalt leben, (z.B. die Eltern des Bediensteten) kurzfristig eine Pflege benötigt wird, (z.B. nach einem Krankenhausaufenthalt) oder bis eine professionelle Pflege organisiert wird, soll die Möglichkeit der Pflegefreistellung auf nahe Angehörige, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben, erweitert werden.

Die Bundesleitung der Berufsschule fordert:

  • Abschaffung der Kündigungsautomatik bei Krankheit

  • Pflegefreistellung auch für nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Angehörige

Zukunft der Berufsschule

Die unterschiedlichen Berufsbezeichnungen wie Sondervertragslehrer, Vertragslehrer, Fachlehrer, Professoren…. führen in der Außenwirkung zu Verwirrung bezüglich der Qualifikation von Berufsschullehrinnen/-lehrern.

Seit längerem ist eine verstärkte Imageoffensive der Wirtschaft für die Lehre bemerkbar. International findet die duale Ausbildung große Beachtung und Anerkennung. Unsere Bildungsverantwortlichen erkennen das große Potenzial der Berufsschule.

Um den Schulstandorten größtmögliche Flexibilität für zusätzliche Bildungsangebote wie unverbindliche Übungen, Freigegenstände und Förderunterricht zu gewährleisten, ist im Schulzeitgesetz eine Anpassung der Unterrichtstunden an einem Tag von derzeit 9 UE auf 10 UE notwendig.

Die Bundesleitung der Berufsschule fordert:

  • Einheitliche Berufsbezeichnung „Professorin/Professor“

  • Anpassung Schulzeitgesetz auf 10 UE für Pflichtgegenstände pro Tag

Empfehlung der Antragsprüfungskommission:

Die Antragsprüfungskommission empfiehlt die Annahme des Antrages und die Weiterleitung an:

- die Bundesleitung

- den Bundeskongress

zur weiteren Veranlassung.

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